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Das weiße Band

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    Das weiße Band

    Seltsame Ereignisse erschüttern den Frieden einer kleinen protestantischen Gemeinde Norddeutschlands: Der Arzt verletzt sich bei einem ominösen Reitunfall, eine Arbeiterin stürzt zu Tode, ein kleiner Junge wird schwer misshandelt und eine Scheune angezündet. Haben die unerklärlichen Unfälle tatsächlich nichts miteinander zu tun, oder sind sie vielleicht Vorboten eines noch größeren Unheils, vor dem alle die Augen verschließen? Präzise, abgründig und bildgewaltig: Michael Hanekes Meisterwerk sucht nach Erklärungen für die Heraufkunft des Faschismus aus dem Geist preußisch-protestantischer Untugenden. Ulrich Tukur, Rainer Bock und Burghart Klaußner agieren grandios, die Kinderdarsteller sind eine Sensation.
    Quelle: Das Erste

    Ein unglaublich guter und intensiver Film. Im einem Moment noch eine hamlose, mitunter liebevolle Szene, sieht man im nächsten etwas verstörendes.

    SPOILERWie als der kleine Junge aufwacht und nach seiner Schwester suchend durchs Haus streicht. Schliesslich findet er sie, während sie vom Vater, dem Arzt, sexuell missbraucht wird. Und als der kleine fragt, warum sie weint, sagt sie ihm, der Vater hätte ihre Ohren durchstochen, für Ohrringe.

    Das Ende kommt eher ruhig und unspektakulär, aber die Tragweite der Lösung ist umso schrecklicher,

    SPOILERals dass es scheinbar die Kinder des Dorfes gewesen waren, die die beide Jungen misshandelt, die Scheune angezündet und den Arzt zu Beginn auf dem Pferd zu Fall gebracht haben.

    Der Film ist im Rückblick vom damals noch jungen Dorflehrer erzählt, dem es gelingt, die mysteriösen Ereignisse aufzudecken.

    Der Film, vorallem sein Ende, hat mich sehr erschüttert und gab mir zu denken, wozu Menschen, auch Kinder, fähig sind.

    Ein grossartiger und lohnender Film, der in traurigen und schönen S/W-Bildern die Abgründe der menschlichen Natur aufzeigt.

    Mich würde interessieren, wie ihr den Film findet, ob er auch euch so bewegt, wie mich.

    Das weiße Band ? Eine deutsche Kindergeschichte ? Wikipedia

    #2
    Ich fand vor allem folgenden Aspekt interessant:
    Der Film spielt zu einer Zeit, in der unsere Ur-Großeltern Kinder oder junge Erwachsene gewesen sind. Wenn überhaupt, haben wir nur sehr verschwommene Erinnerungen an unsere Ur-Großeltern. Ein unmittelbarer systematischer Wissenstransfer hat typischerweise nicht stattgefunden. Ehemals lebendige Erinnerungen unserer Ur-Großeltern sind zwischenzeitlich verschüttet. Vom Alltagsleben dieser Zeit haben wir (Nicht-Historiker) daher nur sehr vage Vorstellungen.
    Dem Film gelingt es sehr gut, die damalige Welt (bzw. einen Ausschnitt davon) zu rekonstruieren. Diese Welt kommt uns heute sehr fremd vor, da sich in den letzten 100 Jahren einiges verändert hat. Beeindruckt hat mich vor allem das sehr distanzierte Verhältnis zwischen Kindern und Eltern. Symptomatisch hierfür ist die Familie des Pfarrers, in der die Beziehungen zwischen Kindern und Eltern ziemlich unterkühlt sind: Die Kinder müssen ihren Vater mit "Sie" ansprechen und körperliche Züchtigungen werden mit einer emotionaler Kälte und Sachlichkeit vollzogen. Nicht ohne Grund gehen einige Interpretationen des Film in die Richtung, einen Zusammenhang zwischen diesem biederen, protestantischen, ländlichen Milieu und der Zeit des Nationalsozialismus herzuleiten.
    Mein Profil bei Last-FM:
    http://www.last.fm/user/LARG0/

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      #3
      Zitat von Largo Beitrag anzeigen
      Beeindruckt hat mich vor allem das sehr distanzierte Verhältnis zwischen Kindern und Eltern. Symptomatisch hierfür ist die Familie des Pfarrers, in der die Beziehungen zwischen Kindern und Eltern ziemlich unterkühlt sind: Die Kinder müssen ihren Vater mit "Sie" ansprechen und körperliche Züchtigungen werden mit einer emotionaler Kälte und Sachlichkeit vollzogen.
      Wobei das ja garnicht so absolut dargestellt wurde. Gerade als der Sohn dem Vater seinen Vogel geschenkt hat, damit der nicht mehr traurig ist, hat man schon gemerkt, dass sich hinter der strengen Fassade durchaus noch ein paar Emotionen verbergen. Der Vater wird halt, unter den selben gesellschaftlichen Bedingungen, auch schon so erzogen worden sein und gibt das jetzt einfach weiter.

      Nicht ohne Grund gehen einige Interpretationen des Film in die Richtung, einen Zusammenhang zwischen diesem biederen, protestantischen, ländlichen Milieu und der Zeit des Nationalsozialismus herzuleiten.
      Haneke ging es laut eigener Aussage allerdings nicht speziell um den Protestantismus und die Nazis, was hier als Beispiel dient, sondern ganz allgemein um Ideologie.

      Drei Zitate aus der Wikipedia:
      Zitat von Haneke
      „Ideologie ist eine verabsolutierte Idee. Überall, wo es Unterdrückung, Demütigung, Unglück und Leid gibt, ist der Boden bereitet für jede Art von Ideologie. Deshalb ist ‚Das weiße Band‘ auch nicht als Film über den deutschen Faschismus zu verstehen. Es geht um ein gesellschaftliches Klima, das den Radikalismus ermöglicht. Das ist die Grundidee.“

      „Das eigentliche Thema ist, jedenfalls war das meine Absicht, zu zeigen, wie Menschen, die unter Druck stehen, empfänglich werden für Ideologie, das heißt wie sie sich sogar selber eine Ideologie schaffen; wie sie eine Idee verabsolutieren und dann mit Hilfe dieser verabsolutierten Idee diejenigen, die ihnen die Idee gepredigt haben, aber anders leben als die Idee fordert, bestrafen.“

      „Natürlich hat er [der Protestantismus] einen gewissen Hang zum Elitismus [...] Und dieses Ethos, dass ich mir selbst gegenüber verantwortlich bin, ist ja auch etwas Positives. Nur kann man es auch sehr schnell ins Gegenteil kehren: Kommunismus ist eine wunderbare Idee, aber sobald sie als Ideologie den Weg in die Gesellschaft findet, wird sie zur Diktatur und unmenschlich. Die Frage ist: Wie kippt man in ein solches System hinein? Und das wiederum hat immer mit Erziehung zu tun.“
      I am altering the movie. Pray I don't alter it any further.

      - George Lucas

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        #4
        Habe den Film gestern gesehen und war überwältigt!

        Die Thematik des Films wurde ja schon ausgiebig hier geschildert...
        Für mich ganz persönlich ist es hochinteressant zu sehen, wie diese damalige Zeit dargestellt wird.
        Auf gewisse Art und Weise hat man den Eindruck, die Generation der eigenen Großeltern besser zu verstehen. Zumindest aber mit ganz anderen Augen zu sehen.

        Dass diese in einem ganz anderen Geist erzogen worden sind als wir, war natürlich schon vorher klar.
        Aber mit diesem Film bekommt man einen recht guten und überzeugenden Eindruck davon, wie es damals wohl gewesen sein könnte.

        Meiner Meinung nach übrigens eine unfassbar geniale schauspielerische Leistung von der jungen Frau, die vom Dorfschullehrer hofiert wird... wahnsinn, wie sie es schafft, dieses Schüchtern- und Verklemmtheitt so überzeugend darzustellen(!!!)

        Genialer Film! Zurecht so hoch gelobt... 6 von 6 Sternen

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          #5
          Ich hatte den Film tatsächlich ein halbes Jahr im Regal stehen (war ein Geschenk), bevor ich dank dieses Threads auf ihn zurück gekommen bin.

          Was der Film in mir weckt, ist tiefste Dankbarkeit, nicht zu dieser Zeit geboren zu sein.

          Und das Ende kam ziemlich aptrupt; ich habe es nicht verstanden. Warum haben die Kinder das gemacht? Als Rache für ihre Erziehung? Was meint Marschall Q mit den "Abgründen" der menschlichen Psyche?

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            #6
            Zitat von Uriel Ventris Beitrag anzeigen
            Ich hatte den Film tatsächlich ein halbes Jahr im Regal stehen (war ein Geschenk), bevor ich dank dieses Threads auf ihn zurück gekommen bin.

            Was der Film in mir weckt, ist tiefste Dankbarkeit, nicht zu dieser Zeit geboren zu sein.

            Und das Ende kam ziemlich aptrupt; ich habe es nicht verstanden. Warum haben die Kinder das gemacht? Als Rache für ihre Erziehung? Was meint Marschall Q mit den "Abgründen" der menschlichen Psyche?
            Ich meinte damit das, wozu die Kinder fähig waren (wohl durch ihre Erziehung und ihr Umfeld) und auch das, wozu die Erwachsenen fähig waren. Besonders der Arzt ist damit gemeint: Was er seiner Tochter antut ist schrecklich; und auch das Verhalten gegenüber seiner Geliebten, der Hebamme, ist abstoßend.

            Auch wenn dass Verhalten der anderen ERwachsenen witestgehend aus ihrer eigenen Erziehung kommt, ist dies nicht desto trotz falsch. Denn vorallem der Pfarrer geht mit seinem Kindern extrem streng um.

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              #7
              Zitat von Uriel Ventris Beitrag anzeigen
              Und das Ende kam ziemlich aptrupt; ich habe es nicht verstanden. Warum haben die Kinder das gemacht? Als Rache für ihre Erziehung?
              Dass es einfach um Rache ging, glaube ich nicht und würde auch nicht zu Hanekes Aussagen passen. Und wofür sollten sie sich an dem behinderten Jungen auch rächen wollen? Da die Vorfälle aber nie aufgeklärt werden, ist das natürlich tatsächlich alles schwierig.
              Die Täter haben ja dieses komische Bibelzitat
              Denn ich, der Herr, dein Gott, bin ein eifriger Gott, der da heimsucht der Väter Missetat an den Kindern bis in das dritte und vierte Glied.
              deponiert, was ihrendwie auf eine Bestrafung hinweist. Wurden die also alle für irgendetwas bestraft, das sie oder ihre Familien gemacht haben? Kombiniert mit der Möglichkeit dem Jungen, also einem noch schwächeren, anzutun, was sie durch ihre Eltern erlebt haben?
              I am altering the movie. Pray I don't alter it any further.

              - George Lucas

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                #8
                Zitat von Marschall Q Beitrag anzeigen
                Ich meinte damit das, wozu die Kinder fähig waren (wohl durch ihre Erziehung und ihr Umfeld) und auch das, wozu die Erwachsenen fähig waren. Besonders der Arzt ist damit gemeint: Was er seiner Tochter antut ist schrecklich; und auch das Verhalten gegenüber seiner Geliebten, der Hebamme, ist abstoßend.

                Auch wenn dass Verhalten der anderen ERwachsenen witestgehend aus ihrer eigenen Erziehung kommt, ist dies nicht desto trotz falsch. Denn vorallem der Pfarrer geht mit seinem Kindern extrem streng um.
                Das waren zwei üble Szenen; und wenn ichs mir genau überlege, steht die eine Szene für körperliche Grausamkeit, während die Szene mit der Hebamme ein schier unerträgliches Maß an seelischer Grausamkeit offenbart.

                Übrigens, die Szene mit dem kleinen Jungen, der dem Vater sein Haustier schenkt, damit der Herr Vater nicht mehr so traurig ist... das war ja wiederum in diesem rundherum kaltherzigen und strengen Szenario ein echt herzerwärmender Augenblick...

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