Ja, die Frage aller Fragen: Wer hat Kennedy erschossen? Ein gescheiterter Ex-Marine oder doch jemand anderes? Trifft letzteres zu, wer war es dann? Das Militär? Das FBI? Die Mafia? Neo-Nazis? Exil-Kubaner? Der Vize-Präsident? Der homosexuelle Krebsheiler? Die CIA? Der Secret Service? Die Polizei von Dallas? Der militärisch-industrielle Komplex? Oder vielleicht der Geschäftsmann mit den blondierten Haaren? Die Antwort des Films: ALLE!
Durch dieses Zusammenwerfen aller möglichen Verschwörer in eine dicht-abstrakte Verschwörungswolke entsteht tatsächlich eine kafkaeske Atmosphäre, in der Bezirksstaatsanwalt K gefangen ist. Bemerkenswert nebenbei, dass die traditionell als erstes Beschuldigten Juden und Katholiken als einziges nicht zur Verschwörergemeinde zu gehören scheinen. Zu der passenden Atmosphäre ist der Film handwerklich ansonsten auch gut gemacht. Von der eindringlichen musikalischen Untermalung, zu den großartigen Schauspielerleistungen, zu ausgezeichneten Dialogen, zum packenden Spannungsaufbau, der sich schließlich in einer dramtischen Gerichtsvorstellung entlädt.
Doch was soll man von dem historischen Anstrich des Films halten? Bei Dokumentationen regt es mich in der Regel sehr auf, wenn Filmemacher manipulieren, auch wenn es einem guten Zweck dient (siehe Moore oder Gore). Ein Film, der keine Dokumentation ist, ist jedoch von seiner Natur aus fiktiv, so dass die Ansprüche entsprechend niedriger sind. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wieviel Authenzität man auch von einem solchen Film fordern kann. Sicher, die meisten historischen Filme lassen sich heute theoretisch als Alternativwelt-Filme bezeichnen (bei dieser Interpretation gäbe es lustigerweise jede Menge SciFi-Oscarträger). Nicht nur hat es etwas den Gladiator im gleichnamigen Film nie gegeben, nein, auch das Attentat auf den Kaiser Aurel und der Tod des Ursurpators in der Arena, sind frei erfunden. Wenn man solche Änderungen allerdings am zweiten Weltkrieg vornehmen möchte, muss man schon wie Tarantino klarmachen, dass man seiner Phantasie freien Lauf lässt. Auf der anderen Seite gilt es als legitim, erfundene persönliche Handlungsstränge in einen authentischen Hintergrund einzufügen (Der Soldat James Ryan). Das ist alles sehr verwirrend und knifflig und soll hier nicht weiter breitgetreten werden.
Bezogen auf den Film stelle ich nur fest: Dieser Camelot-Blödsinn, das ein Messias-Präsident die Welt in eine Welt voller Honig und Milch verwandelt hätte, wenn das böse "Establishment" ( zu dem s.o praktisch jeder gehört, abgesehen vom Präsidenten selbst) ihn nicht mit einem Staatsstreich gestoppt hätte, war noch nie sehr lustig. Und bezogen auf Lyndon Johnson (der innenpolitisch übrigens deutlich mehr vorzuweisen hat als Kennedy) ist so ein indirekter Mordvorwurf zudem ziemlich beleidigend. Verschwörungstheoretiker werden hingegen in einem Ausmaß verklärt, dass nicht mehr nachvollziehbar ist. Um nochmal auf den lockeren Anfangskommentar zurückzukommen: Hätte man dem Film auch dann noch begeistert aufgenommen und Oscar nach Oscar hinterhergeworfen, wenn die Verschwörung irgendwelchen jüdischen Waffenschiebern (lange Nasen, schwarzer Anzug, das übliche Klischeebild) angedichtet worden wäre? Aber hey, wenn es das Militär ist, geht das vollkommen klar und ist ernste Sozialkritik. Hätte man aus den Film konsequent eine politische Parabel ala Kafka gemacht und keine "historische Dokumentation", hätte er wunderbar funktonieren können, aber so fand ich seine manipulative Art bedenklich und abstoßend.
Nebenbei scheint der Film an wenigstens einer Stelle auch noch die bei Verschwörungstheoretikern verbreitete Ablehnung gegenüber der "etablierten" Wissenschaft zu teilen, wenn der Protagonist abwertend feststellt, dass Physiker im Labor alles beweisen könnten (ja, persönliches Gefühl ist natürlich wesentlich verlässlicher als forensische Untersuchungen).
Beste Filmsszene: "Es ist unmöglich 3 Schüsse in 6 Sekunden abzugeben!" (Assistent zum Helden, nachdem ihm das genau das beim ersten Versuch gelungen ist).
Technisch top, botschaftlich flop,
3 Sterne,
***
Durch dieses Zusammenwerfen aller möglichen Verschwörer in eine dicht-abstrakte Verschwörungswolke entsteht tatsächlich eine kafkaeske Atmosphäre, in der Bezirksstaatsanwalt K gefangen ist. Bemerkenswert nebenbei, dass die traditionell als erstes Beschuldigten Juden und Katholiken als einziges nicht zur Verschwörergemeinde zu gehören scheinen. Zu der passenden Atmosphäre ist der Film handwerklich ansonsten auch gut gemacht. Von der eindringlichen musikalischen Untermalung, zu den großartigen Schauspielerleistungen, zu ausgezeichneten Dialogen, zum packenden Spannungsaufbau, der sich schließlich in einer dramtischen Gerichtsvorstellung entlädt.
Doch was soll man von dem historischen Anstrich des Films halten? Bei Dokumentationen regt es mich in der Regel sehr auf, wenn Filmemacher manipulieren, auch wenn es einem guten Zweck dient (siehe Moore oder Gore). Ein Film, der keine Dokumentation ist, ist jedoch von seiner Natur aus fiktiv, so dass die Ansprüche entsprechend niedriger sind. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage, wieviel Authenzität man auch von einem solchen Film fordern kann. Sicher, die meisten historischen Filme lassen sich heute theoretisch als Alternativwelt-Filme bezeichnen (bei dieser Interpretation gäbe es lustigerweise jede Menge SciFi-Oscarträger). Nicht nur hat es etwas den Gladiator im gleichnamigen Film nie gegeben, nein, auch das Attentat auf den Kaiser Aurel und der Tod des Ursurpators in der Arena, sind frei erfunden. Wenn man solche Änderungen allerdings am zweiten Weltkrieg vornehmen möchte, muss man schon wie Tarantino klarmachen, dass man seiner Phantasie freien Lauf lässt. Auf der anderen Seite gilt es als legitim, erfundene persönliche Handlungsstränge in einen authentischen Hintergrund einzufügen (Der Soldat James Ryan). Das ist alles sehr verwirrend und knifflig und soll hier nicht weiter breitgetreten werden.
Bezogen auf den Film stelle ich nur fest: Dieser Camelot-Blödsinn, das ein Messias-Präsident die Welt in eine Welt voller Honig und Milch verwandelt hätte, wenn das böse "Establishment" ( zu dem s.o praktisch jeder gehört, abgesehen vom Präsidenten selbst) ihn nicht mit einem Staatsstreich gestoppt hätte, war noch nie sehr lustig. Und bezogen auf Lyndon Johnson (der innenpolitisch übrigens deutlich mehr vorzuweisen hat als Kennedy) ist so ein indirekter Mordvorwurf zudem ziemlich beleidigend. Verschwörungstheoretiker werden hingegen in einem Ausmaß verklärt, dass nicht mehr nachvollziehbar ist. Um nochmal auf den lockeren Anfangskommentar zurückzukommen: Hätte man dem Film auch dann noch begeistert aufgenommen und Oscar nach Oscar hinterhergeworfen, wenn die Verschwörung irgendwelchen jüdischen Waffenschiebern (lange Nasen, schwarzer Anzug, das übliche Klischeebild) angedichtet worden wäre? Aber hey, wenn es das Militär ist, geht das vollkommen klar und ist ernste Sozialkritik. Hätte man aus den Film konsequent eine politische Parabel ala Kafka gemacht und keine "historische Dokumentation", hätte er wunderbar funktonieren können, aber so fand ich seine manipulative Art bedenklich und abstoßend.
Nebenbei scheint der Film an wenigstens einer Stelle auch noch die bei Verschwörungstheoretikern verbreitete Ablehnung gegenüber der "etablierten" Wissenschaft zu teilen, wenn der Protagonist abwertend feststellt, dass Physiker im Labor alles beweisen könnten (ja, persönliches Gefühl ist natürlich wesentlich verlässlicher als forensische Untersuchungen).
Beste Filmsszene: "Es ist unmöglich 3 Schüsse in 6 Sekunden abzugeben!" (Assistent zum Helden, nachdem ihm das genau das beim ersten Versuch gelungen ist).
Technisch top, botschaftlich flop,
3 Sterne,
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