taz.de| Debatte RAF-Film: Der Aust-Eichinger-Komplex
Zitat von taz.de
Als vor fast anderthalb Jahren Tonbänder aus dem Stammheim-Prozess auftauchten, auf denen man das Lispeln von Andreas Baader hört, da wurde das Image des Terroristenmachos arg ramponiert. Der leichte Sprachfehler und der monotone Singsang demontierten das im kollektiven Bewusstsein bestehende Bild.
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Man kann es Stefan Aust nicht übel nehmen, dass in der Verfilmung seines "Baader Meinhof Komplexes" nun doch wieder der obercoole Desperado Baader fröhlich Urständ feiert, als hätte es die Tonbänder aus Stammheim nie gegeben. Der Part des frauen- und knarrenverschleißenden Hallodris ist nicht nur weitaus leinwandtauglicher, sondern vor allem seit 1985 festgeschrieben - genauer gesagt, seit Aust seinen RAF-Klassiker vorlegte, der auf einer sehr subjektiven Auswertung von Kronzeugenaussagen, Verhörprotokollen und Prozessmitschriften beruht und der eine klare Rollenverteilung vorgibt: Gudrun Ensslin als eiskalter Engel, Baader als belmondoesker Rüpel und Ulrike Meinhof als verführtes Sensibelchen.
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Aust hat aus diesem Zeugenbericht jene Dialogzeilen geschmiedet, die ihm bei Erscheinen des "Baader Meinhof Komplexes" viel Ruhm, aber auch Skepsis eintrugen - und die sich heute eins zu eins im Film wiederfinden, der von willfährigen Aust-Freunden wie dem FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher im dröhnenden Dolby-Surround-Sound zur Grundlage einer neuen "RAF-Rezeption" hochgejazzt wird. Dabei soll hier doch nur aus alten Kronzeugenaussagen immer wieder derselbe Nektar gesaugt werden. Die abtrünnigen RAF-Mitglieder sind seit je Austs Ghostwriter - Peter Homann, der im Film von Jan-Josef Liefers gespielt wird, Karl Heinz Ruhland und eben Beate Sturm. Andreas Baader schreibt ja keine Gegendarstellungen mehr, merkte Hermann Gremliza dazu schon 1985 an.
Alles, was bei Aust nicht ins Bild passt, ließ er schon damals weg. So wie Andreas Baader im "Baader Meinhof Komplex" vor allem mit Tiraden gegen den Richter zitiert wird, so ist er nun auch im Film beim "Arschloch"-Rufen im Gerichtssaal zu bewundern. Dass Baaders Schimpfkanonaden in Stammheim teilweise minutenlange Abhandlungen vorweggingen, in denen er die Verletzung seiner Grundrechte anprangerte, haben Aust und der zur Einfachheit neigende Eichinger weggelassen.
Stattdessen mühen sich beide, dem Vorwurf, die Terroristen als Menschen zu zeigen, zu entgehen, indem sie deren Morde effektheischend in Szene setzen: Wenn Schleyer noch kurz selig lächeln darf, weil er eine Mutter mit Kinderwagen neben seinem Mercedes erblickt (die dann eine Maschinenpistole unter dem Deckchen hervorholt), oder wenn die Buback-Mörder auf dem Motorrad noch mal lässig an die Leichen heranfahren, um sich anerkennend auf die Schulte zu klopfen, dann ist die Grenze zur Denunziation überschritten.
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Zum Heulen ist aber eigentlich nur, dass sich Aust, Eichinger und Edel nicht ansatzweise bemüht haben, auch neuere Erkenntnisse zur RAF zu verarbeiten. Erkenntnisse, die ironischerweise Aust selbst zu verdanken sind. Da wären neben den Tonbändern mit dem echten Baader auch noch die Abhörmaßnahmen in Stuttgart-Stammheim, die den Tod der Terroristen in einem anderen Licht erscheinen lassen - als staatlich geduldeten Selbstmord nämlich. Nicht ganz unwichtig für die Geschichte - für den Film aber schon.
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Man kann es Stefan Aust nicht übel nehmen, dass in der Verfilmung seines "Baader Meinhof Komplexes" nun doch wieder der obercoole Desperado Baader fröhlich Urständ feiert, als hätte es die Tonbänder aus Stammheim nie gegeben. Der Part des frauen- und knarrenverschleißenden Hallodris ist nicht nur weitaus leinwandtauglicher, sondern vor allem seit 1985 festgeschrieben - genauer gesagt, seit Aust seinen RAF-Klassiker vorlegte, der auf einer sehr subjektiven Auswertung von Kronzeugenaussagen, Verhörprotokollen und Prozessmitschriften beruht und der eine klare Rollenverteilung vorgibt: Gudrun Ensslin als eiskalter Engel, Baader als belmondoesker Rüpel und Ulrike Meinhof als verführtes Sensibelchen.
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Aust hat aus diesem Zeugenbericht jene Dialogzeilen geschmiedet, die ihm bei Erscheinen des "Baader Meinhof Komplexes" viel Ruhm, aber auch Skepsis eintrugen - und die sich heute eins zu eins im Film wiederfinden, der von willfährigen Aust-Freunden wie dem FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher im dröhnenden Dolby-Surround-Sound zur Grundlage einer neuen "RAF-Rezeption" hochgejazzt wird. Dabei soll hier doch nur aus alten Kronzeugenaussagen immer wieder derselbe Nektar gesaugt werden. Die abtrünnigen RAF-Mitglieder sind seit je Austs Ghostwriter - Peter Homann, der im Film von Jan-Josef Liefers gespielt wird, Karl Heinz Ruhland und eben Beate Sturm. Andreas Baader schreibt ja keine Gegendarstellungen mehr, merkte Hermann Gremliza dazu schon 1985 an.
Alles, was bei Aust nicht ins Bild passt, ließ er schon damals weg. So wie Andreas Baader im "Baader Meinhof Komplex" vor allem mit Tiraden gegen den Richter zitiert wird, so ist er nun auch im Film beim "Arschloch"-Rufen im Gerichtssaal zu bewundern. Dass Baaders Schimpfkanonaden in Stammheim teilweise minutenlange Abhandlungen vorweggingen, in denen er die Verletzung seiner Grundrechte anprangerte, haben Aust und der zur Einfachheit neigende Eichinger weggelassen.
Stattdessen mühen sich beide, dem Vorwurf, die Terroristen als Menschen zu zeigen, zu entgehen, indem sie deren Morde effektheischend in Szene setzen: Wenn Schleyer noch kurz selig lächeln darf, weil er eine Mutter mit Kinderwagen neben seinem Mercedes erblickt (die dann eine Maschinenpistole unter dem Deckchen hervorholt), oder wenn die Buback-Mörder auf dem Motorrad noch mal lässig an die Leichen heranfahren, um sich anerkennend auf die Schulte zu klopfen, dann ist die Grenze zur Denunziation überschritten.
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Zum Heulen ist aber eigentlich nur, dass sich Aust, Eichinger und Edel nicht ansatzweise bemüht haben, auch neuere Erkenntnisse zur RAF zu verarbeiten. Erkenntnisse, die ironischerweise Aust selbst zu verdanken sind. Da wären neben den Tonbändern mit dem echten Baader auch noch die Abhörmaßnahmen in Stuttgart-Stammheim, die den Tod der Terroristen in einem anderen Licht erscheinen lassen - als staatlich geduldeten Selbstmord nämlich. Nicht ganz unwichtig für die Geschichte - für den Film aber schon.
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