Da es anscheinend noch keinen Thread zu diesem kommenden Highlight gibt, mache ich jetzt einmal einen auf. In meiner Funktion als Hobby-Filmkritiker durfte ich letzte Woche in eine Pressevorführung des Films und poste hier auch meine Kritik für www.splashmovies.de
Regie:
Tom Tykwer
Drehbuch:
Andrew Birkin, Bernd Eichinger, Tom Tykwer
Darsteller:
Ben Whishaw, Dustin Hoffman, Alan Rickman, Rachel Hurd-Wood, Karoline Herfurth, Jessica Schwarz, Corinna Harfouch
Kinostart:
14.09.2006
Homepage:
Story:
Im Jahre 1738 erblickt auf einem Pariser Fischmarkt der von der Natur mit einem geradezu übermenschlichen Geruchssinn ausgestattete Jean-Baptiste Grenouille (Ben Whishaw) das Licht der Welt. In seiner Kindheit und Jugend mausert er sich vom Gerberei-Arbeiter zum Parfumeur-Lehrling beim abgehalfterten Meister Baldini (Dustin Hoffman), dem er mit seinen brillanten Duftkompositionen zu neuem Ruhm und wirtschaftlichem Erfolg verhilft. Doch bald genügen dem obsessiven Geruchs-Genie die herkömmlichen Methoden der Duftgewinnung nicht mehr und er zieht aus in die Parfummetropole Grasse, um neue Methoden zu lernen, die ihm dabei helfen sollen, sein Ziel, das ultimative Parfum herzustellen, zu erreichen. Dort gelangt Grenouille zu der Erkenntnis, welcher Duft sich dafür am besten eignet: der Geruch der schönsten jungen Frauen der Stadt.
Meinung zum Film:
Seit dem Erscheinen von Patrick Süskinds düsterem Historienroman "Das Parfum" im Jahr 1985 gab es unzählige Versuche, den Stoff zu verfilmen. Große Regisseure wie Stanley Kubrick ("Full Metal Jacket"), Martin Scorsese ("Goodfellas") und Ridley Scott ("Gladiator") waren daran interessiert, doch Süskind war nicht bereit, die Rechte zu verkaufen, da er sein Buch für unverfilmbar hielt. Schließlich schaffte es jedoch im Jahr 2001 der mit dem Autor befreundete Produzent und Drehbuchautor Bernd Eichinger ("Der Untergang"), ihn mit seinem Drehbuchentwurf zu überzeugen. Als Regisseur konnte Tom Tykwer ("Lola rennt") gewonnen werden. Tykwer führte jedoch nicht nur Regie, sondern arbeitete auch am Drehbuch mit und komponierte mit seiner Band "Pale 3" den Soundtrack, der von den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle aufgenommen wurde.
Tom Tykwers Handschrift ist demnach auch im ganzen Film zu sehen. Wie schon in seinen vorherigen Filmen "Der Krieger und die Kaiserin" und "Heaven" wird hier eine gelungene Komposition wunderbar meditativer Bilder aufgefahren, die den Zuschauer zusammen mit der großartig atmosphärischen Musik in die Welt des Filmes entführen und ihn die Zeit vergessen lassen. Auch die Welt der Gerüche wurde außerordentlich gut in den Bildern eingefangen, so weit das überhaupt möglich ist. Schnelle Kamerafahrten und interessante Schnitte zwischen der stets nach neuen Düften witternden Nase des Protagonisten und den in intensive Farben getauchten und opulent ausgestatteten Menschen, Objekten und Schauplätzen, die jene Gerüche verströmen, vermitteln ein fast ebenso überzeugendes Bild von den olfaktorischen Eindrücken wie die detaillierten Schilderungen in Süskinds Buch.
Trotz seines ganz eigenen Stils entfernt sich der Film nie weit von der Vorlage. Zwar wurden einige Passagen etwas gestrafft oder ganz weggelassen, allerdings funktioniert die Geschichte in dieser Form sehr gut und wer das Buch nicht kennt, wird nichts vermissen. Eine hundertprozentig akkurate Umsetzung eines so komplexen Romans ist in einem Film natürlich nie möglich und so werden auch nicht alle Leser mit dieser Adaption zufrieden sein. Wenn man Tykwers Film jedoch als eigenständiges Kunstwerk betrachtet, wird man bemerken, dass die Handlung trotz der Änderungen in ihrer Essenz erhalten geblieben ist. Des Weiteren ist die Kompromisslosigkeit des Films zu loben, der bei der exzessiven Darstellung nackter Körper nur wenige Zugeständnisse an den internationalen (bzw. den amerikanischen) Markt macht. Etwas störend ist jedoch die märchenonkelhafte Erzählerstimme, die während des gesamten Films die Geschehnisse kommentiert. Zwar wird diese (in der deutschen Fassung) von Otto Sander ("Der Himmel über Berlin") sehr souverän gesprochen und zitiert viele Originalformulierungen aus dem Roman, sie ist jedoch den Bildern und Dialogen als filmisches Mittel unterlegen und reißt einen oft ein wenig aus der Welt des Films. Andererseits ist eine erzählerfreie Lösung ebenfalls schwer vorstellbar, da Grenouille im Film wie im Buch nur sehr wenig spricht und es ohne die Erläuterungen schwierig wäre, einen genauen Einblick in seine Gefühlswelt zu bekommen.
Das beeindruckende Darstellerensemble bringt die faszinierende Geschichte gekonnt auf die Leinwand. Allen voran sei hier der recht unbekannte Hauptdarsteller Ben Whishaw ("Layer Cake") zu nennen, der Grenouilles düstere Persönlichkeit trotz dessen eher zurückhaltender Art wunderbar nuanciert darstellt und dabei Regisseur Tom Tykwer verblüffend ähnlich sieht. Unterstützt wird er von den Größen des internationalen Films Dustin Hoffman ("Die Reifeprüfung") und Alan Rickman ("Harry Potter und der Stein der Weisen"), die beide wie gewohnt Glanzleistungen abliefern. Bemerkenswert ist auch die erst 15jährige Rachel Hurd-Wood (Peter Pan), die Laura Richis, die krönende Duftnote des Parfums, mit ätherischer Schönheit und kindlicher Unschuld zugleich verkörpert. In gelungenen Nebenrollen treten auch einige deutsche Schauspielerinnen auf: Corinna Harfouch ("Der Untergang") als Madame Arnulfi, Karoline Herfurth ("Mädchen Mädchen!") als "Mirabellenmädchen", Birgit Minichmayr ("Der Untergang") als Grenouilles Mutter und Jessica Schwarz ("Nichts Bereuen") als Prostituierte, die zur ersten "Zutat" des Parfums wird.
Fazit:
"Das Parfum" ist ein visuell und inhaltlich außergewöhnlich guter Film geworden und die wahrscheinlich bestmögliche Umsetzung des komplexen Romans. Auch wenn sich manch ein begeisterter Leser an den kleineren Änderungen im Vergleich zur Vorlage stören mag, werden Filmfans hier sehr gut bedient – besonders, wenn sie Tom Tykwers poetischen Stil zu schätzen wissen. Dieser Film ist nicht nur eine der teuersten und aufwändigsten, sondern auch eine der besten deutschen Filmproduktionen der letzten Jahre.
Regie:
Tom Tykwer
Drehbuch:
Andrew Birkin, Bernd Eichinger, Tom Tykwer
Darsteller:
Ben Whishaw, Dustin Hoffman, Alan Rickman, Rachel Hurd-Wood, Karoline Herfurth, Jessica Schwarz, Corinna Harfouch
Kinostart:
14.09.2006
Homepage:
Story:
Im Jahre 1738 erblickt auf einem Pariser Fischmarkt der von der Natur mit einem geradezu übermenschlichen Geruchssinn ausgestattete Jean-Baptiste Grenouille (Ben Whishaw) das Licht der Welt. In seiner Kindheit und Jugend mausert er sich vom Gerberei-Arbeiter zum Parfumeur-Lehrling beim abgehalfterten Meister Baldini (Dustin Hoffman), dem er mit seinen brillanten Duftkompositionen zu neuem Ruhm und wirtschaftlichem Erfolg verhilft. Doch bald genügen dem obsessiven Geruchs-Genie die herkömmlichen Methoden der Duftgewinnung nicht mehr und er zieht aus in die Parfummetropole Grasse, um neue Methoden zu lernen, die ihm dabei helfen sollen, sein Ziel, das ultimative Parfum herzustellen, zu erreichen. Dort gelangt Grenouille zu der Erkenntnis, welcher Duft sich dafür am besten eignet: der Geruch der schönsten jungen Frauen der Stadt.
Meinung zum Film:
Seit dem Erscheinen von Patrick Süskinds düsterem Historienroman "Das Parfum" im Jahr 1985 gab es unzählige Versuche, den Stoff zu verfilmen. Große Regisseure wie Stanley Kubrick ("Full Metal Jacket"), Martin Scorsese ("Goodfellas") und Ridley Scott ("Gladiator") waren daran interessiert, doch Süskind war nicht bereit, die Rechte zu verkaufen, da er sein Buch für unverfilmbar hielt. Schließlich schaffte es jedoch im Jahr 2001 der mit dem Autor befreundete Produzent und Drehbuchautor Bernd Eichinger ("Der Untergang"), ihn mit seinem Drehbuchentwurf zu überzeugen. Als Regisseur konnte Tom Tykwer ("Lola rennt") gewonnen werden. Tykwer führte jedoch nicht nur Regie, sondern arbeitete auch am Drehbuch mit und komponierte mit seiner Band "Pale 3" den Soundtrack, der von den Berliner Philharmonikern unter Sir Simon Rattle aufgenommen wurde.
Tom Tykwers Handschrift ist demnach auch im ganzen Film zu sehen. Wie schon in seinen vorherigen Filmen "Der Krieger und die Kaiserin" und "Heaven" wird hier eine gelungene Komposition wunderbar meditativer Bilder aufgefahren, die den Zuschauer zusammen mit der großartig atmosphärischen Musik in die Welt des Filmes entführen und ihn die Zeit vergessen lassen. Auch die Welt der Gerüche wurde außerordentlich gut in den Bildern eingefangen, so weit das überhaupt möglich ist. Schnelle Kamerafahrten und interessante Schnitte zwischen der stets nach neuen Düften witternden Nase des Protagonisten und den in intensive Farben getauchten und opulent ausgestatteten Menschen, Objekten und Schauplätzen, die jene Gerüche verströmen, vermitteln ein fast ebenso überzeugendes Bild von den olfaktorischen Eindrücken wie die detaillierten Schilderungen in Süskinds Buch.
Trotz seines ganz eigenen Stils entfernt sich der Film nie weit von der Vorlage. Zwar wurden einige Passagen etwas gestrafft oder ganz weggelassen, allerdings funktioniert die Geschichte in dieser Form sehr gut und wer das Buch nicht kennt, wird nichts vermissen. Eine hundertprozentig akkurate Umsetzung eines so komplexen Romans ist in einem Film natürlich nie möglich und so werden auch nicht alle Leser mit dieser Adaption zufrieden sein. Wenn man Tykwers Film jedoch als eigenständiges Kunstwerk betrachtet, wird man bemerken, dass die Handlung trotz der Änderungen in ihrer Essenz erhalten geblieben ist. Des Weiteren ist die Kompromisslosigkeit des Films zu loben, der bei der exzessiven Darstellung nackter Körper nur wenige Zugeständnisse an den internationalen (bzw. den amerikanischen) Markt macht. Etwas störend ist jedoch die märchenonkelhafte Erzählerstimme, die während des gesamten Films die Geschehnisse kommentiert. Zwar wird diese (in der deutschen Fassung) von Otto Sander ("Der Himmel über Berlin") sehr souverän gesprochen und zitiert viele Originalformulierungen aus dem Roman, sie ist jedoch den Bildern und Dialogen als filmisches Mittel unterlegen und reißt einen oft ein wenig aus der Welt des Films. Andererseits ist eine erzählerfreie Lösung ebenfalls schwer vorstellbar, da Grenouille im Film wie im Buch nur sehr wenig spricht und es ohne die Erläuterungen schwierig wäre, einen genauen Einblick in seine Gefühlswelt zu bekommen.
Das beeindruckende Darstellerensemble bringt die faszinierende Geschichte gekonnt auf die Leinwand. Allen voran sei hier der recht unbekannte Hauptdarsteller Ben Whishaw ("Layer Cake") zu nennen, der Grenouilles düstere Persönlichkeit trotz dessen eher zurückhaltender Art wunderbar nuanciert darstellt und dabei Regisseur Tom Tykwer verblüffend ähnlich sieht. Unterstützt wird er von den Größen des internationalen Films Dustin Hoffman ("Die Reifeprüfung") und Alan Rickman ("Harry Potter und der Stein der Weisen"), die beide wie gewohnt Glanzleistungen abliefern. Bemerkenswert ist auch die erst 15jährige Rachel Hurd-Wood (Peter Pan), die Laura Richis, die krönende Duftnote des Parfums, mit ätherischer Schönheit und kindlicher Unschuld zugleich verkörpert. In gelungenen Nebenrollen treten auch einige deutsche Schauspielerinnen auf: Corinna Harfouch ("Der Untergang") als Madame Arnulfi, Karoline Herfurth ("Mädchen Mädchen!") als "Mirabellenmädchen", Birgit Minichmayr ("Der Untergang") als Grenouilles Mutter und Jessica Schwarz ("Nichts Bereuen") als Prostituierte, die zur ersten "Zutat" des Parfums wird.
Fazit:
"Das Parfum" ist ein visuell und inhaltlich außergewöhnlich guter Film geworden und die wahrscheinlich bestmögliche Umsetzung des komplexen Romans. Auch wenn sich manch ein begeisterter Leser an den kleineren Änderungen im Vergleich zur Vorlage stören mag, werden Filmfans hier sehr gut bedient – besonders, wenn sie Tom Tykwers poetischen Stil zu schätzen wissen. Dieser Film ist nicht nur eine der teuersten und aufwändigsten, sondern auch eine der besten deutschen Filmproduktionen der letzten Jahre.
Kommentar