Da das Problem in den vergangenen Wochen doch in den Fokus der Weltpolitik geraten ist, halte ich einen eigenen Thread für angebracht.
Da sich der El-Qaida-Ableger ISIS (korrekterweise ISIL, für Islamischer Staat im Irak und der Levante) nun ein rießiges Gebiet in den beiden Staaten gesichert hat, unter Ausnutzung des Bürgerkriegs in Syrien und des zerrütteten Iraks, bildet sich nun reichlich Sprengkraft für einen Großbrand im Nahen Osten - schließlich versteht man unter Großsyrien Syrien plus den Libanon und Palästina, was auch Israel unmittelbar an diesem Konflikt beteiligen wird - außer, ISIS wird gestoppt. Welche Möglichkeiten gibt es? Ich möchte meine Sicht der Dinge und verschiedene Szenarien vorstellen.
1) Die wünschenswerteste wäre natürlich, dass es die irakische Zentralregierung im Alleingang schafft, ISIS niederzuringen; es sieht momentan nicht danach aus, da die Moral der irakischen Armee sehr zu wünschen lässt, obwohl von den USA Milliarden in Ausbildung und Ausrüstung investiert wurden. Bagdad wird zu halten sein, der Nordwesten aber wird meiner Ansicht nach noch lange in der Hand der sunnitischen Miliz bleiben.
2) Da der Iran bereits seine Spezialeinheiten (nicht zu verwechseln mit Eliteeinheiten, wie es in den Medien oft gesagt wird), nämlich die al-Quds-Brigaden der Revolutionsgarden, in den Irak geschickt hat, um besonders Bagdag zu sichern, scheint es wahrscheinlich, dass im Verbund mit diesen Truppen die Miliz sicher aufgehalten wird und vielleicht sogar zurückgedrängt wird. Gleichzeitig kann die Regierung darauf vertrauen, dass die Kurden den Nordwesten sichern werden; erste Gefechte der Peschmerga mit den ISIS-Kämpfern deuten auf eine aktzeptable Kampfkraft der kurdischen Truppen im Vergleich zu denen des irakischen Militärs hin, auch, weil diese ihr Land verteidigen müssen.
Dies ist beachtenswert: die Kurden werden, solange die autonome Region Kurdistan nicht an ISIS fällt, von diesem Konflikt profitieren. Grenznahe Gebiete, wie zum Beispiel die Stadt Kirkuk, sind seit Jahren umstritten (wegen der vielen dort lebenden Kurden, aber sicherlich auch wegen der Ölvorkommen), und werden bereits jetzt nach Abzug der irakischen Truppen von den Peschmerga kontrolliert. Nach einem (hoffentlich baldigem) Ende des Konfliktes wird die Position der Kurden im Nordirak gestärkt sein, in Kirkuk und weitere Gebieten werden (schon lange versprochene) Referenden abgehalten werden, die einen Anschluss (ja, böses Wort) an die autonome Region ermöglichen können (so lange dies nicht schon während des Konfliktes passiert). Da die kurdischen Institutionen im Nordirak Stabilität garantieren, könnten sie auch von der Türkei in besserer Weise beachtet werden, was auch den Kurden in der Türkei zu Gute kommt.
3) Die Zentralregierung zeigt sich trotz der Hilfe der Revolutionsgarden auch in den nächsten Wochen nicht in der Lage, den Vormarsch ISIS' weiter aufzuhalten. In diesem Falle ist eine Auslandsintervention unumgänglich, da keine der am Nahen Osten interessierten Mächte es zulassen wird, dass sich der Islamische Staat konsolidiert, weiter Ölvorkommen an sich bringt, und möglicherweise terroristische Maßnahmen in aller Welt finanziert.
Wer könnte einschreiten? Die USA werden sicherlich mit Luftschlägen dienen, da diese einfach in der Ausführung sind und keinem amerikanischen Soldaten das Leben kosten werden. Amerikanische Bodentruppen, abgesehen von einigen Spezialeinheiten oder einigen Marines, werden wir in diesem Konflikt nicht sehen, außer es passiert etwas wirklich Außergewöhnliches. Nicht mal McCain fordert das, obwohl er sonst bei Interventionsforderungen immer in der ersten Reihe steht.
Die Briten haben bereits abgesagt, aus gutem Grund, welches Interesse hätten sie denn? Ohne die USA machen die dort unten gar nichts. Gleiches gilt für die Franzosen (welche ich nur erwähne, weil sie eine große Militärmacht sind; die haben in Afrika genug zu tun, und waren auch noch nie für den Nahen bzw. Mittleren Osten zuständig).
Israel wird sicherlich eingreifen, wenn der Staat über Syrien weiter seine Grenzen vorschiebt. Da dort aber immer noch Assad fest im Sattel sitzt, muss Israel sich nicht unmittelbar bedroht fühlen, und wird zusehen, wie der Irak weiter geschwächt wird (ein potenzieller Feind weniger). Allerdings wird es eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den schiitisch geführten Staaten Irak und Iran wachsam beobachten.
Am realistischten halte ich ein Eingreifen der Türkei, sollte ISIS sich Rückeroberungsversuchen seitens der irakischen Regierung widersetzen und weiterhin stärker werden. Dass die sunnitischen Milizen in die Türkei einmarschieren, halte ich im Moment noch für unrealistisch, da sie der starken türkischen Armee nicht gewachsen sind, aber wenn durch die Öleinnahmen aus den besetzten Gebieten bessere Waffen finanziert werden können, halte ich auch das nicht für unmöglich. Selbst wenn die Grenze zur Türkei unverletzt bleibt: es kann für die türkische Regierung niemals aktzeptabel sein, dass das gesamte Gebiet an der Südgrenze im Chaos versinkt bzw. eben nicht im Chaos versinkt und unter der Flagge einer quasi-terroristischen Organisation vereint wird.
So meine Analyse.
Da sich der El-Qaida-Ableger ISIS (korrekterweise ISIL, für Islamischer Staat im Irak und der Levante) nun ein rießiges Gebiet in den beiden Staaten gesichert hat, unter Ausnutzung des Bürgerkriegs in Syrien und des zerrütteten Iraks, bildet sich nun reichlich Sprengkraft für einen Großbrand im Nahen Osten - schließlich versteht man unter Großsyrien Syrien plus den Libanon und Palästina, was auch Israel unmittelbar an diesem Konflikt beteiligen wird - außer, ISIS wird gestoppt. Welche Möglichkeiten gibt es? Ich möchte meine Sicht der Dinge und verschiedene Szenarien vorstellen.
1) Die wünschenswerteste wäre natürlich, dass es die irakische Zentralregierung im Alleingang schafft, ISIS niederzuringen; es sieht momentan nicht danach aus, da die Moral der irakischen Armee sehr zu wünschen lässt, obwohl von den USA Milliarden in Ausbildung und Ausrüstung investiert wurden. Bagdad wird zu halten sein, der Nordwesten aber wird meiner Ansicht nach noch lange in der Hand der sunnitischen Miliz bleiben.
2) Da der Iran bereits seine Spezialeinheiten (nicht zu verwechseln mit Eliteeinheiten, wie es in den Medien oft gesagt wird), nämlich die al-Quds-Brigaden der Revolutionsgarden, in den Irak geschickt hat, um besonders Bagdag zu sichern, scheint es wahrscheinlich, dass im Verbund mit diesen Truppen die Miliz sicher aufgehalten wird und vielleicht sogar zurückgedrängt wird. Gleichzeitig kann die Regierung darauf vertrauen, dass die Kurden den Nordwesten sichern werden; erste Gefechte der Peschmerga mit den ISIS-Kämpfern deuten auf eine aktzeptable Kampfkraft der kurdischen Truppen im Vergleich zu denen des irakischen Militärs hin, auch, weil diese ihr Land verteidigen müssen.
Dies ist beachtenswert: die Kurden werden, solange die autonome Region Kurdistan nicht an ISIS fällt, von diesem Konflikt profitieren. Grenznahe Gebiete, wie zum Beispiel die Stadt Kirkuk, sind seit Jahren umstritten (wegen der vielen dort lebenden Kurden, aber sicherlich auch wegen der Ölvorkommen), und werden bereits jetzt nach Abzug der irakischen Truppen von den Peschmerga kontrolliert. Nach einem (hoffentlich baldigem) Ende des Konfliktes wird die Position der Kurden im Nordirak gestärkt sein, in Kirkuk und weitere Gebieten werden (schon lange versprochene) Referenden abgehalten werden, die einen Anschluss (ja, böses Wort) an die autonome Region ermöglichen können (so lange dies nicht schon während des Konfliktes passiert). Da die kurdischen Institutionen im Nordirak Stabilität garantieren, könnten sie auch von der Türkei in besserer Weise beachtet werden, was auch den Kurden in der Türkei zu Gute kommt.
3) Die Zentralregierung zeigt sich trotz der Hilfe der Revolutionsgarden auch in den nächsten Wochen nicht in der Lage, den Vormarsch ISIS' weiter aufzuhalten. In diesem Falle ist eine Auslandsintervention unumgänglich, da keine der am Nahen Osten interessierten Mächte es zulassen wird, dass sich der Islamische Staat konsolidiert, weiter Ölvorkommen an sich bringt, und möglicherweise terroristische Maßnahmen in aller Welt finanziert.
Wer könnte einschreiten? Die USA werden sicherlich mit Luftschlägen dienen, da diese einfach in der Ausführung sind und keinem amerikanischen Soldaten das Leben kosten werden. Amerikanische Bodentruppen, abgesehen von einigen Spezialeinheiten oder einigen Marines, werden wir in diesem Konflikt nicht sehen, außer es passiert etwas wirklich Außergewöhnliches. Nicht mal McCain fordert das, obwohl er sonst bei Interventionsforderungen immer in der ersten Reihe steht.
Die Briten haben bereits abgesagt, aus gutem Grund, welches Interesse hätten sie denn? Ohne die USA machen die dort unten gar nichts. Gleiches gilt für die Franzosen (welche ich nur erwähne, weil sie eine große Militärmacht sind; die haben in Afrika genug zu tun, und waren auch noch nie für den Nahen bzw. Mittleren Osten zuständig).
Israel wird sicherlich eingreifen, wenn der Staat über Syrien weiter seine Grenzen vorschiebt. Da dort aber immer noch Assad fest im Sattel sitzt, muss Israel sich nicht unmittelbar bedroht fühlen, und wird zusehen, wie der Irak weiter geschwächt wird (ein potenzieller Feind weniger). Allerdings wird es eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen den schiitisch geführten Staaten Irak und Iran wachsam beobachten.
Am realistischten halte ich ein Eingreifen der Türkei, sollte ISIS sich Rückeroberungsversuchen seitens der irakischen Regierung widersetzen und weiterhin stärker werden. Dass die sunnitischen Milizen in die Türkei einmarschieren, halte ich im Moment noch für unrealistisch, da sie der starken türkischen Armee nicht gewachsen sind, aber wenn durch die Öleinnahmen aus den besetzten Gebieten bessere Waffen finanziert werden können, halte ich auch das nicht für unmöglich. Selbst wenn die Grenze zur Türkei unverletzt bleibt: es kann für die türkische Regierung niemals aktzeptabel sein, dass das gesamte Gebiet an der Südgrenze im Chaos versinkt bzw. eben nicht im Chaos versinkt und unter der Flagge einer quasi-terroristischen Organisation vereint wird.
So meine Analyse.
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